Halbmarathon auf der Kö 2019 – Trainingslauf mit Zeitmessung
- 3. Oktober 2019
Am 08. September 2019 hieß es auf der berühmt berüchtigten Königsallee in Düsseldorf (kurz: Kö) ausnahmsweise laufen statt flanieren. Zahlreiche Läufer fanden sich für den Halbmarathon und den 10- oder 5-Kilometer-Lauf auf einer der edelsten aller Einkaufsstraßen ein. Und auch für mich ging es an diesem Tag in die verbotene Stadt, um über die Halbmarathon-Distanz an den Start zu gehen.
MEINE VORBEREITUNG
Mitten in der Marathon-Vorbereitung war der Lauf für mich eher eine Art Longrun mit Zeitmessung. Ich hatte keinerlei Ambitionen Bestzeit zu laufen und die Ansage vom Trainer war es, die erste Hälfte in geplantem Marathon-Renntempo zu laufen und dann auf der zweiten Hälfte sukzessive das Tempo anzuziehen. Wenn der Plan aufgehen sollte, dann wäre das mein erster Halbmarathon mit einem negativen Split (die zweite Hälfte schneller laufen als die erste). Als notorische Schnellstarterin bei so gut wie all meinen bisherigen Wettkämpfen, wäre das für mich eine regelrechte Sensation. Aber abwarten, ob der Plan so aufgehen sollte oder ob ich mich wieder von der Euphorie der Läufermassen nach dem Start mitreißen lassen würde.
Da der Fokus seit Anfang August auf dem Training für die doppelte Distanz Ende Oktober liegt, gab es daher auch kein gezieltes Training für den Halbmarathon in Düsseldorf. Mein Training bestand in den letzten Wochen aus 4-5 Laufeinheiten pro Woche, bei denen dank wachsamem Trainerauge von außen alle notwendigen Schlüsseleinheiten für ein erfolgreiches Lauftraining vorbildlich durchgezogen wurden.
DER TAG DAVOR
Dank Urlaub rund um das Wettkampfwochenende, konnte ich ganz entspannt in das Wochenende starten. Kein Schlafmangel, kein Stress aus der vorherigen Arbeitswoche und da die Woche trainingstechnisch etwas entspannter war, als noch die Vorwoche, fühlten sich auch die Beine in bester Verfassung für den Halbmarathon. Darüber hinaus war es für mich eine ganz neue Erfahrung mit einer ausgefeilten Rennstrategie an den Start zu gehen, die nicht das Ziel hatte, von Anfang an alles zu geben was geht. Daher bin ich selten entspannter an einen Lauf rangegangen.
Den Samstag vor dem Halbmarathon verbrachte ich daher genau so, wie man einen jeden Samstag verbringt und war ohne Rücksicht auf Regeneration fast den ganzen Tag auf den Beinen. Mein Trainingsplan sah in den letzten beiden Tagen vor dem Wettkampf keine Laufeinheit mehr vor, sondern bescherte mir ungewöhnlicherweise zwei Ruhetage in Folge. Somit gab es für mich auch keinen Shake-Out-Run am Tag vor dem Lauf, welcher sonst für mich genau dazugehört wie der Kaffee am Wettkampfmorgen. Aber mein Trainer wird schon wissen, was gut ist, daher genoß ich einfach nur die trainingsfreien Tage nach den vergangenen Trainingswochen und blickte fast schon tiefenentspannt dem Wettkampf am nächsten Morgen entgegen.
RACEDAY – LAUFEN STATT FLANIEREN
Am Tag des Halbmarathons klingelte der Wecker wieder einmal für einen Sonntag viel zu früh. Aber ich durfte mich nicht beschweren, denn ich hatte es mir – mal wieder – selbst ausgesucht und dafür ja auch noch bezahlt. Also schnell aus den Federn gesprungen, Kaffee und Frühstück heruntergequält und ab ging es in Richtung „verbotene Stadt“.
Dank großzügiger Zeitplanung und menschenleeren Straßen kam ich viel zu früh in Düsseldorf an. Schnell waren die Startunterlagen geholt und alles vorbereitet für den Lauf. Ich überbrückte noch etwas Zeit im warmen Auto und musste aufgrund der fehlenden Aufregung leider gegen die aufkommende Müdigkeit ankämpfen. Ein Wunder, dass ich nicht einfach wieder kehrt machte und mich zurück in mein warmes Bett flüchtete. Aber wie hätte ich das meinem Trainer erklären sollen, also wärmte ich mich noch ein wenig im geschützten Auto auf und ging dann in Richtung Startbereich, wo es noch ein Treffen mit ein paar bekannten Läufergesichtern gab.
Da das Starterfeld für den Halbmarathon relativ klein war, lief alles im Startbereich sehr entspannt ab. Keine Wartezeiten am Toilettenwagen (ja, keine Dixies, auf der Kö geht es ganz feudal zu), kaum Wartezeit bei der Kleiderbeutelabgabe und als ich mich noch ganz entspannt mit einer Läuferin am Streckenrand unterhielt, die auf den 10 km-Start wartete, fiel auch schon der Startschuss und es ging los.

Die Strecke führte uns über und rund um die Königsallee. Um die Halbmarathon-Distanz voll zu machen, mussten drei Runden gelaufen werden. Normalerweise bin ich überhaupt kein Freund von Runden innerhalb eines Wettkampfs, aber in diesem Fall hatte ich mich einfach bei der Anmeldung zu wenig mit der Streckenführung auseinandergesetzt. Also selber Schuld und so musste ich drei Mal die 7-km-Runde absolvieren, bevor ich in Richtung Ziel abbiegen durfte.
Da ich die erste Hälfte bis Kilometer 11 in Marathon-Renntempo laufen sollte, was in etwa einer Pace von 6:23 min/km entspricht, hieß es auf den ersten Kilometern erst einmal schön bremsen und nicht von der Menge mitreißen lassen. Das funktionierte erstaunlich gut. Ich war zwar etwas zu schnell unterwegs, aber alles im Rahmen. Ich fühlte mich gut und das Tempo fühlte sich nicht zu langsam und nicht zu schnell an.
Nachdem für den Tag eigentlich Regen vorhergesagt war, kam nach den ersten Kilometern sogar die Sonne raus. An dem Spruch „Über Köln, da lacht die Sonne – über Düsseldorf die Welt“ schien also nicht so viel dran zu sein.
Schwuppdiwupp war auch schon die erste Runde und somit die ersten sieben Kilometer absolviert. So langsam musste ich mich also auf meinen ersten Temposprung vorbereiten. Ab Kilometer 11 war die Ansage, das Tempo um 5-10 Sekunden/km anzuziehen. Kein Problem, ich fühlte mich gut und hatte Bock!
Bei Kilometer 10 genehmigte ich mir noch ein Gel, um zum einen die Verpflegung für den Marathon zu testen und zum anderen für die zweite Hälfte etwas Energie zuzuführen. Blöderweise hatte ich das Gel in einer Außentasche meiner Laufhose mitgetragen, wodurch es mittlerweile schön erwärmt und ziemlich flüssig geworden war. So kam es also, wie es kommen musste… Gel geöffnet und zack, hatte ich die Hälfte der klebrigen Masse auf T-Shirt und Händen verteilt. Glücklicherweise kam kurz darauf eine Verpflegungsstation, so dass ich mir erst einmal mit dem Inhalt zweier Wasserbecher notdürftig die Hände „waschen“ konnte. Trotzdem klebten meine Finger weiterhin munter zusammen und ich sah es einfach als Anlass, schnell ins Ziel zu kommen, um dort meine Hände waschen zu können.
Die Sekunden, die ich bis dato auf der ersten Hälfte zu schnell unterwegs war, verlor ich dank diesen Vorfalls und war somit wieder auf Kurs (6:24 min/km). Dann kam auch schon das elfte Kilometerschild und ich zog das Tempo etwas an. Tatsächlich war es gar nicht so einfach, 5-10 Sekunden/km schneller zu laufen. In meinem Kopf schwirrte nur der Gedanke „Schneller!“ umher und somit gab ich erst einmal viel zu viel Gas. Also mussten die Beine wieder bremsen und ich pendelte mich letztlich bei genau 6:19 min/km auf den sechs Kilometern bis Kilometer 17 ein.
Soweit lief alles gut. Ich merkte zwar, mal wieder, mein rechtes Knie, aber es war gut auszuhalten. Also ging es ab Kilometer 17 weiter mit einem erneuten Temposprung. Ansage war nun, noch einmal alles zu geben, was ging – „all out“.
Wie hatte ich mich auf diesen Moment gefreut. In meiner Vorstellung schoß ich ab dem Kilometerschild 17 einfach los und jagte mit Vollgas in Richtung Ziel. Nun gut, Vorstellung und Realität liegen manchmal nicht so nah beieinander, das musste ich an diesem Tag leider feststellen. Denn der Lauf hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt doch mehr Körner gekostet, als ich gedacht hätte. Ich konnte das Tempo zwar noch einmal anziehen und lief Kilometer 19 mit 5:53 meinen schnellsten Kilometer diesen Wettkampfs, aber „all out“ hatte ich mir im Vorfeld dann doch etwas drastischer vorgestellt.

Letztlich lief ich die letzten knapp 4 Kilometer mit einer Pace von 6:16 min/km und durfte nach drei Runden endlich auf die Zielgerade einbiegen und über die Ziellinie laufen.
Nachdem ich zwar den ganzen Lauf damit beschäftigt war, meine aktuelle Pace im Auge zu behalten und die Vorgaben meines Trainers bestmöglich einzuhalten, hatte ich tatsächlich zu keinem Zeitpunkt des Laufs eine Idee, welche Zielzeit bei dem Tempo herauskommen würde. Auch im Vorfeld hatte ich mir darüber keinerlei Gedanken gemacht und aufgrund einer fehlenden (oder von mir übersehenen) Zeitanzeige im Ziel war ich völlig ahnungslos, wie lange ich denn nun unterwegs gewesen war. Ich stoppte die Uhr und ging von einer Zeit um die 2:20 h aus. Aber nein, die Uhr spuckte mir 2:13:45 aus und tatsächlich überraschte mich die Zeit. Dafür, dass ich die erste Hälfte recht entspannt laufen konnte, nur knapp 3 Minuten über meiner Bestzeit aus Berlin. Es scheint also so, als würde das Training mit meinem Coach anschlagen!

MEIN FAZIT
Der Halbmarathon auf der Kö ist eine etwas kleinere Veranstaltung, aber dadurch nicht weniger empfehlenswert. Die Strecke hat mir trotz der Rundenführung gut gefallen. An der Strecke waren zwar nur punktuell Zuschauer, die uns anfeuerten, da wir aber drei Mal an ihnen vorbeilaufen durften, potenzierten sich diese Anfeuerungspunkte natürlich. Normalerweise bin ich absolut kein Freund davon, mehrere Runden im Wettkampf zu laufen. Aber bei einer 7 km-Runde geht es tatsächlich schon fast wieder und man wusste nach der ersten Runde genau, was auf den nächsten zwei Runden noch auf einen zukommen sollte.
Die Verpflegung auf der Strecke war völlig ausreichend, da ich aber sowieso immer nur auf Wasser zurückgreife und bei diesem Lauf sogar die meisten Verpflegungsstellen ausließ, kann ich dazu dieses Mal nicht allzu viel sagen. Die Verpflegung im Ziel war hingegen recht dürftig. Es gab Wasser, Sportgetränke und Bananen, aber das war es dann auch schon.
Was mir tatsächlich sehr positiv aufgefallen ist, war die gesamte Organisation und der Einsatz der Helfer. Nachdem schon im Startbereich alles total reibungslos verlaufen ist und ich meinen Kleiderbeutel ohne Wartezeit abgeben konnte, so bekam ich den Kleiderbeutel schon entgegen gereicht, bevor ich das Aufbewahrungszelt überhaupt erreicht hatte. Natürlich liegt dies auch an der Größe der Veranstaltung, aber auch an dem wahnsinnigen Einsatz der freiwilligen Helfer.
Und auch die Streckenposten nahmen ihren Job sehr ernst und tadelten zum Teil lautstark die rücksichtslosen Passanten, die ohne zu Schauen einfach die Strecke kreuzten. Tatsächlich ist dies nicht selbstverständlich, wenn man nicht zum ersten Drittel der Läufer gehört und dementsprechend nicht in astronomisch schnellen Geschwindigkeiten unterwegs ist. Aber auch bei etwas langsameren Geschwindigkeiten sind Passanten auf der Strecke mehr als störend und auch nicht ungefährlich, daher kann man den aufmerksamen Helfern auch an dieser Stelle nur danken.
Vom Preis-Leistungsverhältnis liegt die Veranstaltung im absoluten Mittel. Ich habe für die Anmeldung nur wenige Wochen vor der Veranstaltung 35 Euro bezahlt, was für eine Großstadt wie Düsseldorf absolut akzeptabel ist. Bei einer früheren Anmeldung kann man natürlich noch den ein oder anderen Euro sparen.
Mein absolutes Highlight des Laufs war die Medaille, die mir im Ziel umgehängt wurde. Ich möchte fast behaupten, dass diese von all meinen bislang erlaufenen Medaillen die schönste ist. Und das bei einem Lauf, den ich vor einigen Monaten noch gar nicht auf dem Schirm hatte und eher zwischendurch eingeschoben habe, weil es eben in den Trainingsplan passte.

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